Wo ist das Personal geblieben?

Restaurants bleiben geschlossen, Handwerker lassen lange auf sich warten, Urlauber verpassen ihre Flüge und Oma findet keinen Platz in der Pflege. Personalknappheit ist über alle Branchen hinweg spürbar. Jeder zweite Betrieb ist vom Fachkräftemangel betroffen.[1] Nur wohin sind die Fachkräfte abgewandert?

„Bis 2040 werden etwa 8,7 Millionen Arbeitskräfte mehr den Arbeitsmarkt verlassen als in diesen eintreten.“[2]Dass der demografische Wandel, dazu führt, dass weniger junge, erwerbsfähige Menschen auf dem Arbeitsmarkt nachrücken als in Rente gehen, sollte inzwischen bei jedem Arbeitgeber angekommen sein.

Während der Coronakrise wurde in zahlreichen Betrieben Personal abgebaut oder in Kurzarbeit geschickt. Daraufhin haben sich die betroffenen Personen Jobs in anderen Branchen gesucht – und dabei ganz offensichtlich festgestellt, dass sie dort bessere Arbeitsbedingungen und günstigere Arbeitszeiten vorfinden sowie höhere Gehälter gezahlt werden. Die Pandemie hat insbesondere in den Branchen, die im Lockdown waren, ein Umdenken bei den Beschäftigten ausgelöst. Wer aus der Gastronomie in den Supermarkt wechselte, stellte möglicherweise fest, dass die Arbeitszeiten flexibler und familienfreundlicher sind und die Bezahlung trotz fehlender Trinkgelder besser ist. Eine Rückkehr in den alten Beruf lehnen viele Personen nach monatelanger Schließung schlichtweg ab. Zum einen haben sie sich inzwischen in der neuen Tätigkeit gut eingearbeitet und zum anderen haben sie Angst vor einer erneuten Schließung.

In Branchen wie der Pflege klagen die Mitarbeitenden über schlechte Arbeitsbedingungen und Bezahlung, Überlastung und zunehmende Bürokratie. Das sind Gründe, warum auch diese Berufsgruppe in andere, hinsichtlich der o.g. Kriterien attraktivere Branchen abwandert.

Was den Arbeitsmarkt zusätzlich belastet, ist die Tatsache, dass sich Anzahl an Abiturienten in den letzten 20 Jahren verdoppelt hat. Wer früher eine Ausbildung machte, geht heute studieren (Stand August 2022 entspricht das 55,8% der Schulabgänger; eine Änderung ist nicht in Sicht.). Diese Arbeitskräfte fehlen auf dem Markt, insbesondere im Handwerk, in der Gastronomie sowie in Transport und Logistik.[3] Die Abiturienten sehen im Studium bessere Jobchancen auf dem Arbeitsmarkt, vielfältigere Perspektiven und höhere Bezahlungen.

So viel zu den ernüchternden Fakten. Ein Mangel an Fachkräften birgt immer Chancen, den Arbeitsmarkt zu verändern. In einer sehr komplexen Arbeitswelt gilt es starre Strukturen aufzubrechen, Arbeitsmodelle flexibler zu gestalten, Gleichberechtigung zu forcieren, Arbeit anders zu verteilen z.B. unter Einsatz neuer Technologien wie Robotik, um ein (Arbeits-)Leben lebenswert zu gestalten.

Sind Sie dazu bereit? Arbeitgeber sind aufgefordert, die Wünsche der zukünftigen Generationen zu berücksichtigen, umzusetzen und zu leben. Nur so werden Sie dauerhaft als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen. Es wird sich lohnen, sich mit dem Markt weiterzuentwickeln, damit kein Mangel an Fachkräften entsteht. Auf Veränderungen in Ihrer Branche, Produktwelt oder Kundengruppe reagieren Sie doch, oder?

[1] Ifo-Institut, 02.08.2022

[2] Wirschaftswoche, Detlef Scheele, 17.07.2022

[3] Zdf heute, Allzeithoch bei offenen Lehrstellen, 18.08.2022

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