Krise als Chance für das Homeoffice

Nach anfänglicher Verständnis-, Fraglosigkeit und Schockstarre ist der Aktionismus in der Gesellschaft zurückgekehrt und zwar in einer Form, die Politik und Wirtschaft schon lange vermissen ließen. Es wird in hoher Geschwindigkeit beraten, entschieden und gehandelt. Endlich! Die Gesellschaft, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer zeigen plötzlich höchste Veränderungsbereitschaft – sie werden quasi gezwungen umzudenken – und setzen entsprechende Maßnahmen in Schallgeschwindigkeit um.

Homeoffice ist ein Beispiel unter vielen, was aktuell möglich wird. Digitale Voraussetzungen und Verbindungen werden geschaffen, und via Knopfdruck ist die Belegschaft den firmeninternen Systemen angeschlossen. Das hohe Maß an eigenverantwortlichen Arbeiten setzt große Autonomie aber auch enge Abstimmungen voraus. Regelmäßige Abstimmungstermine via Telefon oder Video werden zur Routine. Der Ausnahmezustand ist eine Chance für die deutsche Arbeitskultur, endlich ortunabhängig zu arbeiten. Vorgesetzte werden ihre Vorbehalte über den Haufen werfen, da sie erfahren, dass sie ihren Mitarbeitern vertrauen können. Vertrauen, dass die Aufgaben erledigt werden.

Mobiles Arbeiten bringt viele Vorteile mit sich. Studien[1] zeigen, dass Menschen, die nicht ausschließlich im Büro arbeiten, produktiver sowie konzentrierter arbeiten und auch noch kürzere Pausen machen. Zudem fühlt es sich für die Menschen gut an, selbst zu entscheiden, ob es notwendig ist, die Aufgabe jetzt noch zu erledigen oder es auf einen späteren Zeitpunkt zu verlegen. Arbeitnehmer entscheiden selbst, wann deren produktivste Zeit zum Arbeiten ist.

Arbeit und Privatleben können in einen besseren Einklang gebracht werden. Die Krisensituation zeigt bereits, dass eine Balance zwischen Arbeit und Privatleben möglich ist. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass die Betreuung von kleinen Kindern viel Flexibilität verlangt und dass mache Tätigkeiten auf den Abend verlegt wurden, nachdem die Kinder schon im Bett waren. Die Trennung von Berufs- und Privatleben im Homeoffice ist sicherlich eine Herausforderung, für die es gilt, Lösungen zu schaffen.

Der Wahnsinn von unzähligen Geschäftsreisen, um körperlich bei dem Geschäftspartner präsent zu sein, wird aktuell durch Telefongespräche/-konferenzen und/oder Videotelefonate abgelöst. Aus der Not wird eine Tugend. Chefs, Mitarbeiter und Geschäftspartner kommen virtuell zusammen, stimmen sich ab, verhandeln, entscheiden oder geben neue Anweisungen. Es ist möglich und zudem zeit-, kosten- und umweltschonend.

Es ist ein gutes Zeichen, dass die technischen Gegebenheiten größtenteils vorhanden sind, um Arbeiten im Homeoffice zu ermöglichen. Bisher hing Deutschland in Bezug auf mobiles Arbeiten hinterher, da nur 26% der Unternehmen regulär die Arbeit aus dem Homeoffice anbieten.[2] Auch wenn der aktuelle Testlauf für das Modell Homeoffice unter besonderen Gegebenheiten stattfindet und damit nicht repräsentativ für den „Normalbetrieb“ ist, kann er sich dennoch positiv auf unsere zukünftige Arbeitskultur und damit auf die Forcierung flexibler Arbeitszeitmodelle auswirken. Aktuell wird das Homeoffice zur Selbstverständlichkeit, einschließlich des Improvisierens und Jonglierens zwischen Zeit, Raum und Kindern.

In den kommenden Wochen werden Vorgesetzte erfahren, wie und wo eine Präsenzkultur tatsächlich notwendig ist. Homeoffice ist selbstverständlich nicht auf alle Berufszweige übertragbar. Da, wo es möglich ist, ist das mobile Büro auf jeden Fall eine Chance, Prozesse schlanker und flexibler zu gestalten. Homeoffice soll nicht das Büro im Unternehmen ersetzen oder Home und Office dauerhaft vereinen, sondern eine machbare Option werden.

Historisch gesehen haben Krisen immer Wandel und Umdenken bedeutet.  Ich wünsche Ihnen vor allem, dass Sie, Ihre Familien und Mitarbeiter gesund, zuversichtlich und solidarisch bleiben.

 

 

 

 

 

 

 

[1] https://nbloom.people.stanford.edu/sites/g/files/sbiybj4746/f/wfh.pdf

[2] http://doku.iab.de/kurzber/2019/kb1119.pdf

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